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„Vom Beruf des Anlagenmechanikers für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik habe ich erst in Deutschland gehört“, berichtet Awet Emha Kifle (19). Während seines Berufsvorbereitungsjahrs im Bereich Metall sei er auf die Ausbildung aufmerksam geworden. Mittlerweile befinde er sich im dritten Ausbildungsjahr.

Wasserpumpenzange und Quetschverschraubung

„Wasserpumpenzange und Quetschverschraubung – ich muss so viele neue Worte für Werkzeuge, Tätigkeiten und Materialien lernen“, meint Desbele Gebre Tewelde (21), der zwei der acht eritreischen Amtssprachen spricht, Tigrinya und Kunama. Vor allem in der Berufsschule falle es ihm schwer, alles zu verstehen. „Anders als während des Berufsvorbereitungsjahrs erklären die Lehrer nicht mehr jedes Wort, es sitzen schließlich noch zehn deutsche Auszubildende in der Klasse“, ergänzt Kilfe.

„Wir bekommen Nachhilfeunterricht, den die Agentur für Arbeit bezahlt“, sagt Yousef Gebre Tewelde (17), der gemeinsam mit seinem Bruder Desbele die Ausbildung zum Anlagenmechaniker im August begonnen hat. Die Nachhilfe bringe viel. „Wir haben zudem das Glück, in einer deutschen Gastfamilie zu leben“, sagt Desbele. So würden sie auch in der Freizeit Deutsch sprechen. Zudem lernten sie, wie Deutsche leben.

„Zwischen Deutschen und Eritreern kommt es leicht zu Missverständnissen“, berichtet Kifle. In Eritrea gelte es zum Beispiel als extrem unhöflich, einer Respektsperson während eines Gesprächs in die Augen zu schauen. Er habe daher anfangs immer weggeschaut, wenn seine Lehrerin mit ihm gesprochen hätte. Sie habe das aber für Desinteresse und Respektlosigkeit gehalten und sei sehr böse geworden. Er müsse sich sehr überwinden, sie beim Sprechen anzublicken.

 Unterschiedliche Auffassungen von Pünktlichkeit

„Ein anderes Thema ist die Pünktlichkeit“, meint Desbele. Wenn man sich in Afrika verabrede, sei es kein Problem eine Stunde oder sogar einen Tag später zu kommen. In Deutschland gebe es oft schon Ärger, wenn man nur eine Minute später erscheine. Ungewohnt sei es für ihn anfangs auch gewesen, dass sein Gastvater genau wissen wollte, was er tagsüber gemacht habe. Seine Mutter habe ihn das nie gefragt.

Andere Unterschiede: „In Eritrea ist es normal, dass mehrere Personen in einem Bett schlafen“, berichtet Desbele. Deutsche reagierten dagegen verwirrt, wenn man sich abends zu ihnen lege. In Afrika äßen die Menschen gemeinsam von einem Teller. Arbeitskollegen wären fassungslos, wenn er sich etwas von ihrem Teller nehme.

Die Gasteltern unterstützen die jungen Flüchtlinge auch beim Schriftverkehr mit den Ämter. „Wir bekommen jeden Tag Behördenpost“, sagt Olaf Knauft, der Duderstädter Gastvater der Brüder Tewelde. Ihm selbst mache es Mühe, da durchzusteigen, so der Grafiker. „Wie geht es da Flüchtlingen ohne Unterstützung?“, fragt Jan Hitzing, der bei der Jugendhilfe Süd-Niedersachsen die Gastfamilien für junge Flüchtlinge betreut. Knauft hat seine Jugendlichen auch bei der Lehrstellensuche unterstützt. Auf zahlreiche Bewerbungen hätten sie keine Antwort erhalten, berichtet er. Seine Vermutung: Viele Betriebe trauten sich die Ausbildung eines jungen Menschen, der gebrochen Deutsch spreche, nicht zu.

Von Michael Caspar