Landkreis: 0551 525-9155 (Mo-Do: 9-16 Uhr, Fr: 9-12 Uhr) Mail an Landkreis ­ Stadt: 0551 400 5000 (Mo-Fr: 9-12 Uhr) Mail an Stadt

„Ist Deutschland dem Terror gewachsen?“ fragte am Sonntagabend die Moderatorin Anne Will in ihrer ARD-Talkshow. Antworten sollten Minister, Top-Journalisten und der Göttinger Student Abdul Abbasi geben – dieser ist mit seinem Auftritt nicht zufrieden.

Allerdings hatte er in der Sendung zunächst nichts zu melden: Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) musste sich für die Pannen im Fall des Terrorverdächtigen Jabr Al-Bakr rechtfertigen. Die angriffslustige Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping forderte, dass jemand aus der sächsischen Landesregierung Verantwortung für die Vorgänge übernehmen müsse. Es folgte ein gut 20-minütiger Hick-Hack, bis sich die Diskussion in Klein-Klein über die Ermittungsarbeit verlief.

Abbasi kam erst später zum Zug: Er hatte den Fahndungsaufruf ins Arabische übersetzt, aber der spätere Suizid des Terrorverdächtigen habe ihn geschockt, berichtete Abbasi: „Ich erwarte, dass ein solcher Gefangener nicht wie ein normaler Gefangener behandelt wird“, sagte er.

Dass Gemkow zuvor die mangelnde Erfahrung sächsischer Behörden im Umgang mit Terrorverdächtigen beklagt hatte, war für für den 22-jährigen Syrer Grund für Kritik: „Wenn Sachsen nicht genug Erfahrung mit Terroristen hat: Wir wissen ganz genau, was für Leute das sind.“ Auf die Idee einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen syrischen Geflüchteten und Deutschen stieg niemand ein.

Später geriet Abbasi mit dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) aneinander: Dieser forderte zur Terror-Prävention eine Registrierung der Ein- und Ausreisen von Flüchtlingen. Für Abbasi ein Grund, in die Offensive zu gehen:  „Ist islamistischer Terror der einzige Terror in Deutschland“, fragte er und verwies auf die Angst vieler Syrer vor rechten Gewalttaten.  „Es bringt doch nichts, das alles in einen Topf zu werfen“, entgegnete Herrmann.

Seinen Vorstoß erklärte Abbasi im Nachhinein so: „Auf einmal waren in meinem Kopf so viele Gespräche mit Leuten, die unter rechtem Terror gelitten haben“, sagte er auf Anfrage und betonte, dass es ihm dabei nicht um Genörgel gehe: „Wir wollen die Lage verbessern – Terror ist Terror.“

Trotzdem sind ihm diese Beiträge zum Verhängnis geworden: „Jetzt gibt es so viele Hasskommentare“, sagte Abbasi angesichts der nun auf seiner Facebook-Seite entbrannten Diskussion. Dort werfen ihm viele, offensichtlich rechte, Kommentatoren Dreistheit und Undankbarkeit gegenüber Deutschland vor – das ist Abbasi allerdings nach eigenen Angaben gewohnt.

In der ARD-Talkshow „Anne Will“ haben am Sonntag neben dem in Göttingen lebenden Studenten und Videoblogger Abdul Abbasi verschiedene hochrangige Politiker und Journalisten über den Umgang mit Terrorismus debattiert. Anlass war der Fall des Terrorverdächtigen Jabr Al-Bakr, den drei syrische Flüchtlinge am Sonntag vorvergangener Woche der Polizei übergeben hatten. Am Donnerstag beging Al-Bakr im Gefängnis Suizid.

von Christoph Höland

Quelle: Artikel im Göttinger Tageblatt vom 17.10.2016 ( Link zum Original-Artikel im GT )