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Vor Islamisten unter den Syrern, die Deutschland im Zuge des Flüchtlingstauschs aufnimmt, hat Kamal Sido, Nahostreferent der Göttinger Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), gewarnt. In den türkischen Lagern leben seiner Beobachtung nach viele Milizangehöritge, berichtete Sido, der kürzlich in Syrien war, am Montag.

Kamal Sido berichtet am Dienstag, 19. April, um 19.30 Uhr im Göttinger Victor-Gollancz-Haus, Geistraße 7, über seine Reise nach Syrien.

„Religiöse und ethnische Minderheiten meiden die Lager, weil sie dort häufig diskriminiert werden“, berichtet Sido. Christen, Jesiden oder Kurden aus Syrien müssten sich seiner Meinung nach in der Türkei auf eigene Faust durchschlagen. Sie würden derzeit vom türkischen Staat verstärkt nach Syrien abgeschoben. „Gleichzeitig beschießt die türkische Armee kurdische Städte im eigenen Land, in denen sie Sympathisanten der kurdischen Arbeiterpartei PKK vermutet“, sagte Sido. Zahlreiche Kurden flüchteten in die türkischen Großstädte im Westen des Landes. Er habe die Bombardements von syrischer Seite aus während des dreiwöchigen Aufenthalts in der Region beobachten können.

„Den Kurden im Norden Syriens ist es in den vergangenen Jahren gelungen, ihre Herrschaft zu sichern“, erfuhr Sido vor Ort. Die kurdische Enklave Kobane, die der Nahostbeauftragte besuchte, habe mit Unterstützung der amerikanischen Luftwaffe den Islamischen Staat zurückdrängen können. Landgewinne hätten die Vereinigung mit der benachbarten kurdischen Enklave ermöglicht. Das Gebiet sei von der dritten kurdischen Enklave, Afrin, durch ein Gebiet getrennt, das noch vom Islamischen Staat kontrolliert werde.
„Die Türkei versucht derzeit mit allen Mitteln, die Vereinigung der beiden verbleibenden kurdischen Gebiete zu verhindern“, meint der Kurde, der selbst aus Afrin stammt. Der Grund: Die kurdischen Gebiete in Syrien würden von einer PKK-nahen Partei regiert. Nach Recherchen Sidos bemüht sich die Regierung der kurdischen Enklaven um Zusammenarbeit mit religiösen Minderheiten, aber auch mit arabischen Stämmen.

Notruf für Flüchtlinge eingerichtet

 

Die GfbV hat einen bundesweiten Notruf für bedrohte Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften eingerichtet. Für Menschen, die sich wegen ihres Glaubens oder ihrer Volkszugehörigkeit berdroht fühlen, gibt es nun eine Mailadresse, an die sie sich wenden können.

Der Notruf sei eingerichtet worden, weil Berichte über Konflikte zwischen Flüchtlingen unterschiedlicher Volksgruppen und Glaubensgemeinschaften kursierten und Menschen verunsicherten.

Ablehnung und Feindschaften gegen ethnische und religiöse Minderheiten wie in den Herkunftsländern dürften in Deutschland nicht fortgesetzt werden, mahnte GfbV-Nahostreferent Kamal Sido. Sicherlich seien die Nerven der Flüchtlinge strapaziert durch die Enge der Unterkünfte, die Sorge um Angehörige und mangelnde Beschäftigung: „Umso notwendiger erscheint es uns, dass Betroffene eine Stelle haben, an die sie sich im Konfliktfall auch anonym wenden können.“

Jeder Hinweis werde diskret behandelt und geprüft, hieß es. In gravierenden Fällen werde konkrete Hilfe vermittelt. Dabei soll auch die Religionszugehörigkeit der Opfer, seien es Christen, Jesiden, Muslime oder Angehörige kleinerer Glaubensgemeinschaften, berücksichtigt werden. Die Mailadresse soll über soziale Netzwerke und über mehrsprachige Flugblätter in den Flüchtlingsheimen verbreitet werden.

Wer sich aufgrund seines Glaubens oder seiner Volkszugehörigkeit von anderen Flüchtlingen bedrängt, diskriminiert oder schikaniert fühle, könne sich per E-Mail help@gfbv.de an die Organisation wenden, teilte ein Sprecher in Göttingen mit.

Unterstützt von christlichen Verbänden

 

Unterstützt wird die Initiative den Angaben zufolge unter anderem von der „Hilfsstelle für evangelische Pfarrer“ in Berlin und anderen christlichen Verbänden. Sie hätten bereits begonnen, ein Netzwerk für schnelle Hilfe aufzubauen. Zukünftig sollen auch Organisationen anderer Religionsgemeinschaften einbezogen werden. Die GfbV werde die Berichte sammeln und auswerten, um Strategien zur Konfliktvermeidung zu entwickeln.