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Obwohl sie als besonders schutzbedürftig gelten, gibt es für Frauen und Kinder sowie Kranke und Homosexuelle in Flüchtlingsunterkünften kaum spezielle Schutzmaßnahmen. Die Göttinger Stadtverwaltung, der Integrationsrat und Unterkunftsbetreiber wollen das nun ändern.

Unter anderem kündigte die Stadtverwaltung an, die Flüchtlingsunterkunft im „Weißen Haus“ in der Weststadt solle zu einer Frauenunterkunft umgewandelt werden. Aber, so sagt auch Verwaltungssprecher Detlef Johannson zum Thema Kinderschutz und Gewaltschutz für Frauen: „Da sind wir dran, aber noch längst nicht fertig“. Tatsächlich besteht Nachholbedarf: „Wer schlägt, geht“, sei bisher die Devise, wenn es zu häuslicher Gewalt in Unterkünften komme, berichtet Conny Hiller, beim Göttinger Heimbetreiber Bonveno für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge zuständig. Für mindestens zehn Tage würden Täter in anderen Unterkünften einquartiert. Zumindest in einigen Einrichtungen gebe es Helfer, die beraten und Kontakt zu Frauennotruf und anderen Einrichtungen vermitteln. In Bezug auf andere Unterkünfte „klappt das noch nicht so gut“, glaubt Hiller.

Um dem zu begegnen, beschäftigt sich nach Johannsons Angaben nun der Göttinger Präventionsrat mit dem Thema. Auch der Integrationsrat hat bei seiner jüngsten Sitzung ein umfangreiches „Konzept zur Gewaltprävention und zum Gewaltschutz von besonders vulnerablen Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften“ vorgestellt.

Damit sollen Standards und Maßnahmen zum Schutz von Kranken, Frauen und Kindern sowie Homo- und Transsexuellen festgeschrieben werden. Unter anderem geht es dem Konzeptpapier zufolge darum, sichere Rückzugsräume für Frauen in Gemeinschaftsunterkünften zu schaffen, Sozialarbeiter zu geschlechterspezifischen Fluchterfahrungen fortzubilden und Verwaltungsabläufe bei Übergriffen klar zu definieren.

Weil zudem Flüchtlinge teilweise ein anderes Rollenverständnis mitbrächten, müsse nach Angaben von Birgit Sacher vom Integrationsrat auch über die Rechte von Frauen aufgeklärt werden: Wenn es beispielsweise um die Vormundschaft für Kinder gehe, sei vielen Flüchtlingsfrauen die Rechtslage in Deutschland nicht bekannt – besonders in islamischen Ländern übernimmt meist der Mann automatisch die Vormundschaft. Der Integrationsrat will das Konzept zeitnah den zuständigen Gremien vorstellen, kündigte Sacher an. Sie hofft auf eine Verabschiedung durch den Rat der Stadt Göttingen.

EU-Richtlinie

Eigentlich müsste die Bundesrepublik bereits seit Juli 2015 flächendeckend für den Schutz „besonders vulnerabler“ Flüchtlinge sorgen. Bisher gibt es aber nur einzelne Verordnungen der Bundesländer, keine bundesweiten Standards. Unter anderem das Bundesfamilienministerium widmet sich derzeit dem Thema: Die Unterkunft am Nonnenstieg ist eine von bundesweit 25 Einrichtungen, die an einem Modellprojekt zum Schutz von Frauen und Kindern in Unterkünften teilnehmen.

Quelle: Artikel im Göttinger Tageblatt vom 07.06.2016 Link zum Original-Artikel im GT vom 07.06.2016